der schnitzer

Der Schnitzer

Vor vielen hundert Jahren lebte in China ein kunstfreudiger Kaiser. Eines Tages hatte er den Wunsch, eine geschnitzte Pagode zu erwerben. Er ließ einen jungen Mann kommen, der das Schnitzerhandwerk beherrschte, und gab ihm den Auftrag.

Der Schnitzer machte sich mit Eifer ans Werk. Bei jedem Schnitt, den er in das weiche Holz führte, dachte er an den hohen Lohn, der seiner harrte. Eines Tages würde er ein reicher Mann sein und aller Sorgen ledig. Das Werk wuchs unter seiner Hand und wurde fertig. Er brachte es dem Kaiser. Der betrachtete es von allen Seiten, schüttelte den Kopf und gab es zurück.

Der junge Mann machte sich ein zweites Mal an die Arbeit. Er träumte von dem Ruhm, den er ernten werde, wenn die Welt erführe, daß der Kaiser eine von seiner Hand geschnitzte Pagode besäße. Als er nach langen Monaten harter Arbeit fertig war, brachte er das Werk seinem Herrn. Doch dieser nahm es abermals nicht an.

Ein drittes Mal setzte sich der Künstler hin, und wieder verflossen unter seinen fleißigen Händen die Monate. Sein schönster Gedanke war die Gunst der Frauen, die er finden werde. Die Pagode trat aus dem ungeformten Material, und voller Stolz brachte er sie dem Kaiser. Aber sie war nicht gut.

Da ging der junge Mann betrübt nach Hause, nahm sein Messer und setzte sich zum vierten Male nieder. Er wünschte nichts anderes, als die schönste Pagode zustande zu bringen, die jemals ein Mensch geschaffen hat. Es wurde Winter und es wurde Frühling und Sommer, und als sich die Tage verkürzten, war die Pagode fertig. Der Kaiser erhob sich von seinem Thron, als er sie sah; denn sie war herrlich.

Der Künstler aber erhielt alles, was er im letzten Jahr vergessen hatte: Reichtum, Ruhm und Liebe.

Aus China